Karner um 1930
Christophorus
Christophorus
Grundriss nach Adalbert Klaar
Schädelpieta
Witwenzöpfe
Ossarium
Wappen von Seyfried Freytl
Apostelkreuze
Apostelkreuze aus zwei Epochen

Karner aus dem Jahre 1395

Das Mauerwerk des Karnergebäudes entspricht sowohl an der Fassade als auch im Ossarium mit seinen hohen Kompartimenten am ehesten dem späten 14. Jahrhundert.

Dieser Befund kann durch die dendrochronolgische Untersuchung des Dachstuhls bestätigt werden. Der schlichte Sparrendachstuhl stammt unerwarteter Weise noch aus der Bauzeit und besteht aus Balken von Bäumen, die im Jahr 1391 gefällt wurden. Damit ist die Bauzeit des Karners für die frühen 90er Jahre des 14. Jahrhunderts gesichert.

Die dendrochronologische, bauarchäologische und kunsthistorische Datierung des Karners kann über die archivalischen Nachrichten bestätigt werden. Der Bau wurde vor 1395 durch den Wösendorfer Bürger „Seyfrid den freytl“ und seine Frau Margret gestiftet. Mit einer Urkunde aus dem Jahr 1395 stifteten sie weiters eine ewige Messe „in unser cappelln datz sanndt Michel auf dem charner den wir mit sampt der chapelln gepawt habn“ und die der Hl. Dreifaltigkeit sowie den Hll. Maria, Petrus und Katharina geweiht war.

Die Urkunde wurde vom Aussteller gesiegelt, allerdings ist das Siegel heute nicht mehr erhalten. Einer der beiden Schlusssteine der Kapelle zeigt möglicherweise das Wappen Seyfrids: der in Rot und Blau gespaltene Schild mit den drei Herzen in Silber. Eine Urkunde, die dieses Wappen zeigt, konnte bislang nicht eruiert werden. Dies liegt daran, dass Seyfrid in weiteren Urkunden kaum greifbar ist.

Lediglich in einer Verkaufsurkunde der Brüder Konrad und Ulrich von Maissau aus dem Jahr 1384 wird „Seyfried der Freytlein“ als Käufer zweier Weingärten zu Wösendorf genannt.

Sehr aufschlussreich für die mittelalterliche Stiftungspraxis und in der bisher bekannten Überlieferung singulär ist der Umstand, dass ein Bürger ein Ossarium für die Pfarrgemeinde und darüber eine Kapelle stiftete, die der Abhaltung von Gottesdiensten zu seinem eigenen Seelenheil diente. Für diese Stiftung gibt es in Österreich keine exakt vergleichbare Analogie.